Messen & Kongresse

Der Deutsche Wundkongress, der in Kooperation mit der Initiative Chronische Wunden e. V. organisiert wird und gemeinsam mit dem Bremer Pflegekongress stattfindet, ist das größte deutsche Forum zum Thema „chronische Wunde“. Der Mix aus wissenschaftlichen und sehr praxisnahen Beiträgen trägt den unterschiedlichsten Bedürfnissen Rechnung.
Es geht wieder los: Nach zweijähriger Pause war der 16. Deutsche Wundkongress mit 3.076 Teilnehmern fast genauso gut besucht wie im Vor-Corona-Jahr 2019. Am Stand von HARTMANN nutzten viele Besucher die regelmäßig stattfindenden Live-Demonstrationen zum professionellen Anlegen der Pütterbinde und PütterFlex sowie der 2-Komponenten-Kompressionssysteme Pütter®Pro 2 und Pütter®Pro 2 Lite für die eigene Fortbildung. Denn: Bandagieren will gelernt sein und nur ein richtig angelegter Kompressionsverband führt bei den Patienten zu rascher Schmerzfreiheit und nachlassenden Beschwerden. Dabei ist der Verband eine unverzichtbare Therapiemaßnahme bei der Behandlung von Venenleiden. Der Ulcus cruris venosum (UCV) heilt beispielsweise mit der Kompression als Kausaltherapie besser als ohne Kompressionstherapie. Die korrekte Anlegetechnik wird jedoch in der Ausbildung medizinischer Fachkräfte oft vernachlässigt und so konnten die Besucher sich diese nun direkt vom Profi zeigen lassen. Auch die Zehenbandagierung kommt in der Ausbildung häufig zu kurz. Sie ist indiziert bei bestehenden oder zu erwartenden Vorfußödemen, zum Beispiel bei lymphatischer Stauung. Die Bandagierung verhindert Mazerationen in den Zehenzwischenräumen und die Bildung von Ödemen. Nach zwei bis drei leichten Touren mit elastischen Mullbinden um den Vorfuß beginnt die Bandagierung am Großzeh, gefolgt vom Einschluss der weiteren Zehen unter leichtem Druck. Auch diese Technik konnten die Standbesucher live verfolgen.
Auch das Symposium des Unternehmens „Erkennen und Managen von Wundinfektionen – von der Wissenschaft in die Praxis“ stieß bei den Kongressbesuchern auf großes Interesse. Prof. Dr. Hans Smola, MD und Vice President Medical Competence Center der Paul HARTMANN AG, stellte in seinem Vortrag „Die HydroClean Extension Studie – eine longitudinale Beobachtung von Biomarkern im Wundexsudat von venösen Ulcus cruris Wunden“ die Ergebnisse vor.
Zu den häufigsten Komplikationen der Wundheilungsstörung zählt die Wundinfektion. Daher steht die Infektionsprävention an erster Stelle, um weitere Komplikationen zu vermeiden und die Heilungschancen zu verbessern. Für die Studie wurde eine Patientenkohorte mit chronischen, schwer heilenden UCV (n = 47) und eine mit akuten Spalthautentnahme-Wunden (n = 10) über einen Zeitraum von 12 Wochen bzw. 21 Tagen beobachtet. Die Wundauflagen wurden nach dem Wechsel biochemisch analysiert. Dabei stellte sich heraus, dass sich die Muster der biochemischen Marker innerhalb der ersten 14 Tage dem Muster akuter Wunden angeglichen haben und dann stabil blieben. Daher sollte das Wundbett in dieser Zeit normalisiert werden. Das bedeutet, dass die Wundauflagen die Entzündung umdrehen können, unabhängig davon, ob die Patienten viele Bakterien in der Wunde haben oder nicht. Dadurch wird die Wundheilung langfristig befördert, auch wenn der eigentliche Effekt klinisch erst viel später sichtbar ist.
Über die Versorgung von Menschen mit chronischen Wunden in der Praxis referierte Astrid Probst, Krankenschwester und Pflegeexpertin im Bereich Wundmanagement in der Pflegedirektion des Klinikums am Steinenberg sowie der Ermstalklinik in Reutlingen, in ihrem Vortrag „Antimicrobial Stewardship (AMS) – Wie kann ich das in den Versorgungsprozess von Menschen mit chronischen Wunden integrieren?“. Eine wichtige Rolle bei der Wundversorgung spielten Antibiotika, die häufig nicht in der richtigen Dosis, für die richtige Dauer oder nicht erregerspezifisch verschrieben würden. Aus diesem Grunde wurde das Antimicrobial Stewardship (AMS) im Klinikum Reutlingen implementiert. Das interdisziplinäre Konzept zum verantwortungsvollen Umgang mit Antiinfektiva verfolgt das Ziel, deren Einsatz zu optimieren, Antibiotikaresistenzen zu reduzieren und die Häufigkeit von Clostridium-difficile-Erkrankungen zu verringern. In der Klinik findet einmal wöchentlich eine Infekt-Visite statt – mit dem Stationsarzt, einem Mikrobiologen, Apotheker und einer Pflegeexpertin, um die richtige Behandlung der Patienten mit infizierten Wunden in der Gefäßchirurgie zu gewährleisten und Clostridieninfektionen zu reduzieren.
Für John Schäfer, Gesundheits- und Krankenpfleger am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE), ist insbesondere die verzögerte Diagnose ein großes Problem bei der Versorgung von Menschen mit chronischen Wunden. In seinem Vortrag „Möglichkeiten und Grenzen der ambulanten Infektionsprophylaxe im Rahmen der Wundversorgung“ sieht er den Grund für eine zu späte Diagnose und mangelnde Infektionsprophylaxe in der steigenden Zahl von Patienten mit Komorbiditäten bei gleichzeitigem Fachkräftemangel sowie – besonders im ländlichen Raum – dem erschwerten Zugang zu medizinischen Versorgungsstrukturen. In seiner Abteilung würden teilweise Patienten vorstellig, die über zehn Jahre eine chronische Wunde gehabt hätten, ohne dass diese diagnostiziert wurde. Daher müssten insbesondere das behandelnde Personal und ambulante Pflegedienste in der Wundversorgung entsprechend geschult werden. Den Fokus sieht er ganz klar auf der Diagnostik und der kausalen Therapie, da die Wunde das Endprodukt der Erkrankung ist.
Ein weiteres wichtiges Thema neben der Diagnostik ist für John Schäfer die Wundreinigung. Dazu gehört seiner Meinung nach auch das oft von Fachkräften kontrovers diskutierte Thema „Duschen mit offenen Wunden“: Das Ausduschen eines Abszesses sei förderlich für die Wundheilung. Leitungswasser sei jedoch nicht dafür geeignet, da es nicht keimfrei ist. John Schäfer empfiehlt daher sterile Filter, die in der Handbrause der Dusche installiert werden können. Die Kosten von circa 40 Euro im Monat können auch von der Krankenkasse übernommen werden.
Optimierungsbedarf existiert laut John Schäfer auch bei der Wahl der Wundauflage. Er sieht häufig Patienten mit einer Versorgung, die nicht symptombezogen ist, beispielsweise ein Schaumverband bei stark exsudierenden Wunden. Das Exsudatmanagement und Débridement zählen für ihn zu den wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Wundversorgung.Die Wundauflage sollte nicht nur die Wunde bedecken, sondern Kontakt zur Wundtiefe haben, denn dort beginne die Heilung.
Bei der Auswahl der Verbandmittel setzt er auf wirkstofffreie, aber wirkende Wundauflagen wie HydroClean® und Zetuvit® Plus, da sie im Unterschied zu wirkstoffhaltigen Auflagen keine Resistenzen verursachen. Die Problematik einer falschen Wundversorgung stellte er anhand des Falls einer 82-jährigen Patientin vor, die mit einer fünf Jahre andauernden UCV und einem massiven Lymphödem in der Ambulanz des UKE vorstellig wurde. Die Versorgung bestand aus einem Verband mit Silber-Distanzgitter und einem Schaumverband mit Silber. Die Patientin wies eine starke Adhärenz- und Compliance-Problematik auf, da sie über fünf Jahre keine adäquate Behandlung erhalten hatte und ihre Lebensqualität durch den Wundgeruch stark eingeschränkt war. In der Klinik erfolgten eine Lymphdrainage und Kompressionstherapie mit der Superabsorber-Wundauflage Zetuvit® Plus. Für die Patientin bestand der Vorteil im schmerzfreien Verbandwechsel und der Geruchsbindung. Zudem stellte sich eine Heilungstendenz ein. „Und wenn die Patienten Fortschritte bei der Heilung sehen, fassen sie auch wieder Vertrauen in die medizinische Versorgung und eine kausale Therapie wird möglich“, ist John Schäfer überzeugt
Insgesamt 4.264 Pflegende, Ärzte und Mitarbeiter aus der Gesundheitsbranche nahmen am dreitägigen Doppelkongress – Deutscher Wundkongress & Bremer Pflegekongress – vom 8. bis zum 10. Mai in Bremen teil. Beim umfassenden Kongressprogramm standen Austausch, Networking und Fortbildung im Fokus. Außerdem wurde von der Initiative Chronische Wunden (ICW) e.V bereits zum neunten Mal den Deutsche Wundpreis verliehen. Den ersten Platz belegten dabei Norbert Kolbig und Annette Buhl mit ihrer Arbeit „Hautpflege oder Hautschutz – eine Entscheidungshilfe bei feuchtigkeitsgeschädigter Haut“.
Bei der angeschlossenen Fachausstellung präsentierten 116 Firmen und Dienstleister ihre Arbeit und Produkte für die Wundversorgung und Pflege. Und selbstverständlich war auch HARTMANN mit einem Messestand präsent. Er stand in diesem Jahr unter der Botschaft „Wir sind anders“.
„Damit wollen wir betonen, dass wir mit innovativen Wundauflagen ohne Wirkstoffe für eine optimale Wundheilung sorgen, ganz egal wie die Herausforderungen im Infektions-, Exsudat- und Wundheilungsmanagement aussehen“, fasst Andrea Monz, Managerin für Kongresse und Events bei HARTMANN Deutschland, das Konzept zusammen.
Drei Produkte standen damit auch im Fokus:
Passend zum Standmotto sorgte die Fotostation für viel Spaß. So konnten sich die Besucher mit witzigen Accessoires in der Fotobox ablichten lassen und die Fotos gleich auf Instagram oder Facebook posten.
Expertenwissen beim HARTMANN Symposium
Im Versorgungsalltag ist eine optimale Wundversorgung nicht immer gewährleistet. Schmerzen werden unter Umständen nicht ernst genug genommen oder die Rolle des Exsudats und die damit verbundene Auswahl der geeigneten Wundauflage unterschätzt. Wie eine zeitgemäße Wundversorgung aussehen kann, berichteten Experten auf dem von HARTMANN initiierten und bestens besuchten Symposium „Sicherstellung der Kontinuität in der Wundversorgung – behandeln, komprimieren, strukturieren“ anlässlich des Deutschen Wundkongresses in Bremen.
Laut einer Umfrage steht der Wunsch nach Schmerzfreiheit bei den Wünschen der Patienten bei der Wundbehandlung an zweiter Stelle. Kerstin Protz, Wundexpertin ICW e. V. und stellvertretende Vorsitzende des Wundzentrums Hamburg e. V., stellte dabei „Strategien zur Schmerzvermeidung beim Verbandwechsel“ vor – von der Schmerzanamnese bis zum atraumatischen Verbandwechsel.
Bei Wunden mit einer hohen Exsudatproduktion ist ein optimiertes Exsudatmanagement von entscheidender Bedeutung. Astrid Probst, Pflegeexpertin Wundmanagement an den Kreiskliniken Reutlingen, stellte daher in ihrem Vortrag die Frage „Was versteht man unter einem interdisziplinären Exsudatmanagement?“ – und gab gleich zahlreiche praktische Tipps.
All dies funktioniert aber nicht, wenn der Patient z. B. aufgrund des Fachkräftemangels unterversorgt bleibt. Maik Stendera, examinierter Krankenpfleger, Diplompflegewirt (FH) und Dozent, präsentierte daher zum Abschluss „Strukturen zur Optimierung des Versorgungsprozesses“. Er betonte, dass ein Umdenken und Änderungen in der Arbeitssituation durch Substitution und Delegation ein Weg in die richtige Richtung sein können.